Kurzbericht des 16. Workshops
am 2.-4. Juni 2005 an der Polizei-Führungsakademie in Münster-Hiltrup zum Thema:
„Innere Sicherheit und die Zukunft der Kriminologie“.
In der sich nachhaltig verändernden Hochschullandschaft wird die Zukunft der Kriminologie in Deutschland immer prekärer. Für den Bereich der sozialwissenschaftlichen Kriminologie, Kriminalsoziologie oder Soziologie sozialer Probleme, der in den letzten Jahren immer schon eine Gratwanderung zwischen Randständigkeit und Abschaffung unternommen hat, hat sich die Lage weiter erheblich verschärft. Die in diesem Bereich frei gewordenen Stellen durch Emeritierungen/Pensionierungen sind nicht mehr besetzt oder umgewidmet worden. Weitere Stellenstreichungen sind zu befürchten. Auf der anderen Seite kann man heute noch zu der Feststellung kommen, dass ich die Situation der Kriminologie in den Rechtwissenschaftlichen Fakultäten rein quantitativ aufgrund der "Bindestrich-Lehrstühle" positiv darstellt.
Man kann diesen "Niedergang" einerseits der staatlichen Finanzpolitik anlasten, andererseits muss aber auch die Frage gestellt werden, wie sich das Fach "Kriminologie/Kriminalsoziologie" in den letzten Jahrzehnten präsentiert hat und ob es sinnvoll gewesen ist, sich Verwertungsinteressen oftmals weitgehend zu entziehen.
Auf der Tagung sollten diese Aspekte - insbesondere auch die "Trennlinien" im Fach Kriminologie - und die Probleme der geringen Etablierung der Kriminal-, Polizei- und Sicherheitsforschung insgesamt angesprochen werden. Speziell wurde auch der Gesichtspunkt der Zersplitterung der deutschen Kriminologie - gekennzeichnet durch die verschiedensten Organisationen - nicht außer acht gelassen. Es sollte jedoch nicht nur bei "Klagen" über die Situation und "Schuldzuweisungen" dafür in der Vergangenheit stehen geblieben werden. Ein wichtiger Gesichtspunkt der Tagung war daher der konstruktive Ausblick in die Zukunft des Faches. Er sollte Anregungen für eine zukünftige "gelebte Interdisziplinarität" liefern, um somit der "Kriminologie/Kriminalsoziologie" wieder einen bzw. einen größeren oder vielleicht überhaupt erstmaligen Einfluss auf die Kriminalpolitik und somit Sicherheitspolitik insgesamt zu eröffnen.
Wegen des zuletzt genannten Gesichtspunktes wurden daher auch die neuesten Forschungserkenntnisse und notwendige zukünftige Forschungen vorgestellt und diskutiert, sodass sich auch für die Praktiker die Möglichkeit ergab, neue Inhalte der Kriminologie kennenzulernen.
Tagungsorganisation:
Prof. Dr. Karlhans Liebl (FHS Polizei Sachsen)
FHS für Polizei Sachsen
02929 Rothenburg/OL
E-Mail: kh-liebl@web.de
Donnerstag, 2. Juni 2005
Moderation: Prof. Dr. Hans-Jürgen Lange
PROF. DR. HANS-GERD JASCHKE, PFA; PROF. DR. KARLHANS LIEBL: Begrüßung und Einführung in die Tagung PROF. DR. MICHAEL BOCK (Mainz): Standortbestimmung der Angewandten Kriminologie PROF. DR. HELGE PETERS (Oldenburg): Die Rolle der Kriminalsoziologie in Deutschland PD DR. AXEL DESSECKER (stell. Direktor der KrimZ Wiesbaden): Die Kriminologische Zentralstelle: Ziele und Umsetzung Freitag, 3. Juni 2005
Moderation: Prof. Dr. Hans-Jürgen Lange
PROF. DR. JÜRGEN STOCK (BKA): Kriminologische Forschung im BKA und der Periodische Sicherheitsbericht PROF. DR. CHRISTIAN PFEIFFER (Vorstand des KFN, Hannover): Kriminologie und Forschungsinstitute: Abhängigkeiten und Wirkungen PROF. DR. RÜDIGER LAUTMANN (Bremen): Gesellschaftliche Diversität verändert die Polizeiorganisation PROF. DR. JO REICHERTZ (Essen): Polizeiforschung in der Soziologie und Kriminologie - Zukunftsaussichten PROF. DR. KLAUS BOERS (Münster): Kontinuität und Abbruch. Zum Stand der kriminologischen Bemühungen um die "Dangerous Few" PROF. DR. MONIKA FROMMEL (Kiel): Feministische Kriminologie und Kriminalpolitik Samstag, 4. Juni 2005
Moderation: Dr. Bernhard Frevel
Innere Sicherheit und die Zukunft der Kriminologie - Möglichkeiten und Verpflichtungen Kurzreferate von:
PROF. DR. HANS-JÖRG ALBRECHT (Freiburg) DR. MICHAEL JASCH (Frankfurt, Giwk-Geschäftsführung) PROF. DR. H.-J. KERNER (Tübingen) PROF. DR. HANS-JÜRGEN LANGE (Marburg) PROF. DR. KARLHANS LIEBL (Rothenburg) PROF. DR. FRITZ SACK (Hamburg) PROF. DR. MICHAEL WALTER (Köln) anschließende Podiumsdiskussion mit den Referenten PROF. DR. KARLHANS LIEBL: Schlusswort und Ende der Tagung Die Beiträge sind in dem Sammelband: Liebl, K. (Hg.): Kriminologie im 21. Jahrhundert, VS-Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, dokumentiert.