Kurzbericht des 20. Workshops

am 2. bis 4. Mai 2007 an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster-Hiltrup

zum Thema: „Polizei und Fremde – Fremde in der Polizei“

 

Fast völlig unbemerkt wurde das 10jährige Jubiläum des Abschlussberichtes des Projekts „Polizei und Fremde – Belastungen und Gefährdungen von Polizeibeamtinnen und -beamten im alltäglichen Umgang mit Fremden“ (Bornewasser/Eckert, Münster 1995) begangen. Das Thema war damals – auch z.B. an der Polizei-Führungsakademie – keine „Eintagsfliege“, sondern es wurde auf zahlreichen Tagungen angesprochen (vgl. 1994: „Aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen und ihre Einflüsse auf die Polizei“; 1997: „Ethische Herausforderungen der Polizei“ oder 1998: „Polizei und Fremde“) und fand seinen Niederschlag in ebenso vielen Veröffentlichungen.

In diesem Zusammenhang machte man sich Gedanken z.B. über den Begriff des Fremden, des Fremdseins und die Kriterien für dieses Fremdsein. Dabei wurden auch Belastungen aufgezeigt, die durch den Umgang mit den Fremden, durch die polizeiinterne Organisationsstruktur, aber auch aufgrund von externen Faktoren herausgearbeitet. Leider muss man heute wohl davon sprechen, dass das Konzept „Polizei und Fremde“ nicht in den Polizeien implementiert wurde. Die bekannten Beispiele von Fehlverhalten gegenüber Nicht-Deutschen tauchen immer wieder in Pressemitteilungen oder Bewertungen von externen Beobachtern (wie z.B. Amnesty International) auf – auch wenn sie vielfach strittig sind. Man findet Hinweise auch in Eigenveröffentlichungen der Polizei, so wenn in einem positiv gemeinten Beitrag in der „Hessischen Polizeirundschau“ die Überschrift lautet: „Erfolgreiche Integration: Zehn Jahre Ausländer in der Hessischen Polizei“ (HPR 7-8/2004: S. 10). Polizeibeamtinnen und -beamte mit einem Migrationshintergrund fast 10 Jahre nach dem eingangs angeführten Diskussionspapier immer noch als „Ausländer“ zu bezeichnen, lässt auf alle Fälle aufhorchen. Verstärkt wird diese „Nicht-Implementation“ auch durch einige wenige vorliegende Untersuchungen, so wenn Mletzko und Weins (Mletzko/Weins 1999) aufgrund einer Befragung in einer großstädtischen Polizeidirektion feststellten, dass rund 15 % der befragten Polizisten eine verfestigte fremdenfeindliche Einstellung haben. Dazu gehört auch der insgesamt in den Medien sehr kritisch gesehene Umgang mit rechtsextremistischen Straftaten. Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Thema in den Ausbildungsinhalten der Polizeien bisher gleichfalls nur einen geringen Stellenwert einnimmt.

Das Thema ist letztlich auch und gerade gesellschaftlich eingebunden. Polizei ist in diesem Sinne ein Spiegelbild dafür, dass die Gesellschaft insgesamt vor der Frage steht, ob nicht alle bisherigen Integrationskonzepte mehr oder weniger gescheitert sind. Angesprochen werden muss dabei auch die Frage, ob nicht in einer Gesellschaft, deren Mitglieder immer häufiger einen Migrationshintergrund aufweisen, die Polizei nicht diese „neue“ Situation besonders in ihren Konzepten und ihrer Personalplanung berücksichtigen muss. Dazu kommt noch, dass aufgrund der Szenarien im Zusammenhang mit der Terrorismusbedrohung der „Fremde“ einen zusätzlich bedrohlichen Aspekt nun innehat.

Der Workshop widmete sich zwei Aspekten: Zum einen behandelte er den Umgang der Polizei mit Fremden im „Außenverhältnis“, zum anderen beleuchtete er das „Innenverhältnis“ der Organisation „Polizei“ und ihrer Öffnung für Bewerber mit Migrationshintergrund.

 

Tagungsorganisation und Moderation:

Leitung: Prof. Dr. Karlhans Liebl, Rothenburg/OL

Programmablauf: 

Mittwoch, den 2. Mai 2007

Polizei und Fremde – Die Situation

PROF. DR. CLAUDIA RADEMACHER (als Vertreterin des Präsidenten der DHPol) / PROF: DR: KARLHANS LIEBL: Begrüßung und Einführung zum Tagungsthema

PROF. DR. MANFRED BORNEWASSER (Universität Greifswald): „Ethnische Vielfalt im eigenen Land: Eine (nicht nur sprachliche) Herausforderung für die deutsche Polizei im Innen- und Außenverhältnis“
mit anschließender Diskussion
Ltd. PD DR. HANS-JOACHIM HEUER (Hannover): „Fremde als Belastung und Gefährdung – Bewertungsstrategien der 90er Jahre“
mit anschließender Diskussion
DR. THOMAS SCHWEER (Universität Duisburg-Essen): „Soziale Kontrolle am Rande der Gesellschaft: Zivile Einsatztrupps in ethnisch segregierten Stadtteilen“
mit anschließender Diskussion

Donnerstag, den 3. Mai 2007

Polizei und Fremde – Fremde in der Polizei – Fremde und Polizei

HEIDI MESCHER (University of Bradford / Universität Bielefeld): „Die Polizei - Integrationsakteur mit Vorbildcharakter für die Gesellschaft?“
mit anschließender Diskussion

ANKE SAUERBAUM (Böblingen): „Interaktion und Kommunikation zwischen Polizei und Migranten: Polizeiausbildung auf dem Prüfstand“
mit anschließender Diskussion
DR. ASTRID JACOBSEN (Trier): „’Was mach ich denn, wenn so’n Türke vor mir steht? ’ – Zur interkulturelle Qualifizierung der Polizei“
mit anschließender Diskussion
DR. RAFAEL BEHR (ISIP Hamburg): „’Ethnische Minderheiten’ in der Polizei“
mit anschließender Diskussion
PROF. DR. HANS SCHNEIDER (Fachbereich Polizei der VFH Hessen, Abt. Gießen): „Verbündete gegen den Extremismus“
mit anschließender Diskussion
HERMANN GROß, DIPL. POL.; DIPL. PSYCHOLOGE (Fachbereich Polizei der VFH Hessen, Abt. Mühlheim / Main): „Ausländer in der Hessischen Polizei“
mit anschließender Diskussion

Freitag, den 4. Mai 2007

Erfahrungsdiskussionen – Erlebniswelten

DR. AKLI KEBAILI (Amt für multikulturelle Angelegenheiten, Frankfurt a. M.): „Frankfurter Modellprojekt ‚Polizei und Migranten/innen im Dialog’“
mit anschließender Diskussion

PROF. DR. JOACHIM KERSTEN (Villingen-Schwenningen): „Interkulturelle Kompetenz“
mit anschließender Diskussion
Podiumsdiskussion: „Polizei und Fremde in der Praxis“, Leitung der Podiumsdiskussion: Prof. Dr. Joachim Kersten, Villingen-Schwenningen; Teilnehmer: PD Thomas Baltes, PP Berlin; Dr. Akli Kebaili, Amt für multikulturelle Angelegenheiten, Frankfurt a. M.; Hugo Müller, GdP; Hartmut Seltmann, Amnesty International; Dr. Katharina Weiss, BMI Wien; Rainer Wendt, DPolG
Resümee der Tagung und Verabschiedung: Prof. Dr. Hans-Jürgen Lange und
Prof. Dr. Karlhans Liebl

 Die Beiträge werden einem Sammelband des AKIS veröffentlicht.